Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) und anderen Aufsichtsgremien sowie Marktteilnehmen gesponserte Risk-Free-Rate-Arbeitsgruppe (vgl. Newsbeitrag vom 19. Juli 2019: Arbeitsgruppe gibt Empfehlungen für vertragliche Umsetzung des Übergangs von EONIA auf €STR) hat im August 2019 einen Bericht veröffentlicht, in dem die Auswirkungen des Übergangs des Tagesgeldzinssatzes Eonia auf den €STR diskutiert werden und erste Empfehlungen für eine möglichst reibungslose Umstellung der internen Systeme der Marktteilnehmer gegeben werden.
Wie bereits aus unseren Meldungen vom 31.05.2019 und 05.07.2019 hervorgeht, wird der Eonia ab dem 02. Oktober 2019 von dem von der EZB veröffentlichten €STR mit einem Spread von +8,5 Bps. abgeleitet und dann nur noch bis zum 03. Januar 2022 veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund stehen die Marktteilnehmer vor der Aufgabe, während der Übergangszeit mit zwei parallelen Tagesgeldzinssätzen umzugehen und bis zum 03. Januar 2022 alle bestehenden Vertragsbeziehungen und Bewertungssysteme auf den €STR umzustellen.
Wesentliche Herausforderungen für Unternehmen bestehen darin, zunächst ihre Vertragsbeziehungen und Bewertungsalgorithmen von Finanzinstrumenten auf eine Abhängigkeit vom Eonia zu prüfen. Auch wenn die Verträge keinen direkten Bezug zum Eonia aufweisen, können sich im „Kleingedruckten“ Referenzen auf den Eonia verstecken, zum Beispiel für die Berechnung von Verzugszinsen. Weiterhin werden derzeit viele Finanzinstrumente für die Zwecke der Wertermittlung und Berechnung von Ausgleichzahlungen von den Banken und Clearing Stellen unter Verwendung der sogenannten Eonia Zinskurve bewertet. Auch hier können sich bei Umstellungen auf eine €STR basierte Zinskurve nicht unerhebliche Bewertungs- und Zahlungseffekte ergeben.
Als operative Herausforderung besteht zudem die Anpassung der internen Verfahren an die ab Oktober 2019 verzögerte Veröffentlichung des Eonia um 9:15 Uhr des Folgetags, was Auswirkungen auf die Wertstellung von fälligen Zahlungen und ein Auseinanderfallen von Zahlungsterminen von Zins- und Tilgungsleistungen bei Kreditfazilitäten und Zinssicherungsinstrumenten zur Folge haben kann.
Da sich die Umstellung auf den €STR nicht nur beim Abschluss von Neuverträgen oder Anpassung von bestehenden Verträgen auswirkt, ist es wichtig, dass sich alle Unternehmen intensiv mit den Auswirkungen befassen. Der 72 Seiten umfassende Bericht der Arbeitsgruppe bietet dafür einen geeigneten Rahmen, der jedoch von jedem Unternehmen mit Leben gefüllt werden muss.